In dieser Sommer hat der Aufstieg des Philipp Wollscheid eine neue Hürde genommen. Mit dem Wechsel zu Bayer Leverkusen ist er endgültig bei einem Topklub der Bundesliga angekommen. Doch wer hätte gedacht, dass ein „Straßenfußballer“ aus dem Nordsaarland diesen Weg einschlagen könnte?
Die meisten Leute verbinden mit dem Begriff „Straßenfußballer“ eine heruntergekommene Gegend, in der Kinder aus sozialschwachen Familien kicken. Wollscheid hingegen stammt aus Morscholz, einer 1000-Einwohner-Gemeinde, in der die Menschen überwiegend in hübschen Eigenheimen wohnen. Normalerweise wird man heutzutage Profi, indem man frühzeitig bei einem größeren Klub landet oder einen der 366 DFB-Stützpunkte durchläuft. "Ich kann nicht sagen, ob ich früher übersehen wurde oder ob ich einfach noch nicht so weit war", so der 23-Jährige.[PreviewBreak]
Sein Talent entwickelte sich abseits allen Trubels. "Philipp hat früher stundenlang mit Fußbällen gegen die Hauswand geschossen", so ein Nachbar. Vor allem seinem Vater schreibt der Leverkusener einen Großteil zu, denn der arbeitete mit ihm immer wieder im Garten an seinen Schwächen, sogar eine Art Kopfballpendel wurde aus dem Schaukelgerüst gebastelt. "Ich hab es damals nicht als Training empfunden, wenn wir im Garten gespielt haben", so der 23-Jährige, allerdings resultiert daraus heute eine Beidfüßigkeit, die sich viele Profis wünschen würden.
Noch vor 3-4 Jahren hätte dem Abiturient (1er Schnitt) niemand diese Karriere zugetraut. Nachdem er in seiner Jugend in vielen kleinen Vereinen gespielt hat landete er irgendwann beim 1. FC Saarbrücken. Der FCS stieg damals in die Regionalliga auf, wollte Wollscheid allerdings zur neuen Saison in die zweite Mannschaft versetzen.
Sein Glück war, dass er sich vom FCS verabschiedete, nachdem er bei einem absolvierten Probetraining in Nürnberg die Zusage für die zweite Mannschaft bekam. Schon in seiner ersten Saison konnte sich der Innenverteidiger zu einem absoluten Leistungsträger entwickeln. Immer weiter verbesserte er auch seine Kraft und Ausdauer, was letztendlich zu seinem ersten Bundesligaspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern führte. Die Geschichte nahm also ihren Lauf. 2 Jahre lang avancierte Wollscheid zum absoluten Abwehrchef bei den Franken, bis er schließlich für rund 5 Millionen Euro nach Leverkusen wechselte, wo er nun nach wenigen absolvierten Spielen ebenfalls in der Verteidigung die Fäden zieht. Bei dieser Leistungskurve wird wohl auch ein Anruf von Jogi Löw nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen....